Bibo berichtet von seiner Motivation, bei der MUT-TOUR aktiv zu sein
Wie bist du zur MUT-TOUR gekommen und seit wann bist du schon dabei?
Von der MUT-TOUR habe ich bei der Teilnahme an einem Treffen vom Bündnis gegen Depression Bochum erfahren. Das Konzept Bewegung, Gemeinschaft und Öffentlichkeitsarbeit war sofort Anlass für mich, mit der MUT-TOUR Kontakt aufzunehmen.
Warum machst Du bei der MUT-TOUR mit, was ist deine Motivation?
Bevor ich bei der MUT-TOUR als Teilnehmer aktive wurde, war ich bei der Selbsthilfegruppe „Achterbahn der Gefühle“ in Bochum 8 Jahre lang Sprecher und Moderator. Die Gruppentreffen waren zwei Mal im Monat. Zudem habe ich mit der Gruppe Infoveranstaltungen durchgeführt. Zusätzlich habe ich ein Jahr lang die Aufgabe des Patientenfürsprechers in der LWL Klinik in Bochum ehrenamtlich ausgeübt.
Die immer wieder hohe Zahl wechselnder Teilnehmer und die Belastung meines Mitgefühls für die oft unter hohem Leidensdruck stehenden Teilnehmer sowie der Suizid eines Gruppenmitgliedes hatten mich schlussendlich dazu bewegt, meine Rolle als Moderator und Ansprechperson niederzulegen. Daher war ich auf der Suche nach einer neuen Alternative.
Die MUT-TOUR war für mich genau das Richtige: Bewegung in der Natur tut mir immer gut und Radfahren hab ich immer schon gerne gemacht. Und auf diese besondere Art und Weise das Thema Depression in der Öffentlichkeit zu präsentieren, gefiel mir einfach gut.
Gibt es ein Erlebnis, das dir besonders stark aus deiner Tandem Etappen-Teilnahme in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es sogar mehrere! In 2018 die Etappe, die bei herrlichstem Wetter an der Ostsee endete. Wir hatten einen tollen Abschluss in Binz mit einem gemeinsamen Bad im erfrischenden Meer.
Aufgrund meiner vielen Etappen-Teilnahmen, bis heute rund 12 an der Zahl, ist mir meine erste Etappe mit Sebastian als Tourleiter besonders in Erinnerung geblieben. Die damaligen Erlebnisse hatten mich überzeugt, auch weiterhin im Rahmen der MUT-TOUR aktiv zu sein. Außerdem erwischte mich damals eine kurze Panikattacke, bei der mir die anderen Teilnehmenden unterstützend zur Seite standen. Später suchte Sebastian mit mir noch alleine das Gespräch, um über die Situation zu sprechen. Ein Beispiel, das in meinen Augen genau das verdeutlicht, wovon wir im Projekt überzeugt sind: die Stärken von Gemeinschaft und Zusammenhalt.
Was hast du Positives aus deinen MUT-TOUR-Aktivitäten in deinen Alltag mitnehmen können?
Erst einmal bin ich durch die MUT-TOUR zum leidenschaftlichen Radfahrer geworden. Die damalige Teilnahme hat mich motiviert, mehrtägige Radtouren alleine privat im MUT-TOUR-Modus durchzuführen. Das war gut für mein Selbstwertgefühl, “ich kann das!”
Zudem habe ich mir hier vor Ort eine Radgruppe gesucht, mit der ich jede Woche Montag gemeinschaftlich auf Tour bin. Das Schöne daran ist, dass ich seither einen festen Tag in der Woche habe, an dem ich das mache, was mir wichtig ist und mich entspannt. Das hilft mir, die Balance meines Seelenheils besser zu halten bzw. diese zu verbessern. Ich denke auch, das es mir durch diesen neuen inneren Ausgleich gelungen ist, die Dosis meiner Medikamente zu verringern, was mir persönlich gut tut.
Was möchtest du unseren Leser*innen mitgeben?
Mir ist es unglaublich wichtig, Bewegung in Gemeinschaft zu haben – sich austauschen zu können (nicht nur über die Erkrankung, sondern auch über Alltägliches), wenn einem danach ist und durch die Gruppe zu spüren, nicht alleine zu sein.
Ich habe gelernt, offen über meine Erkrankung sprechen zu können. Ich bemühe mich aber nur, wenn ich gefragt werde dies zu tun, z.B. im Rahmen meines MUT-TOUR Engagements.
Ich lebe mit meiner Erkrankung, Bipolare Störung (ein Krankheitsbild, wo sich unbehandelt extreme Hoch- und Tiefphasen abwechseln), mittlerweile schon seit über 30 Jahren.
In jungen Jahren habe ich lange gebraucht, die Erkrankung zu akzeptieren. Heute kann ich sagen: wäre ich früher und für mich passender behandelt worden, hätte ich nicht so viel Leid erfahren müssen und hätte damals nicht beinahe mein Leben verloren.
Die Erfahrungen wünsche ich keinem. Deshalb mache ich mich bei der MUT-TOUR stark: über Depressionen offen zu sprechen und zu betonen, dass sie behandelbar sind. Und ich möchte zeigen, dass es mir mit meinen gesammelten Erfahrungen und einer akzeptierenden Einstellung durchaus gelingen kann, ein Leben mit einer guten Lebensqualität zu führen. Denn meine eigenen Erfahrungen, aber auch Berichte von anderen MUT-TOUR Teilnehmern, zeigen, dass durch eine individuelle Behandlung, vieles, was früher noch als unerreichbar gedacht wurde, wieder sehr gut gehen kann.
Hier findest Du weitere Informationen über die Erkrankung bipolare Störung sowie eine hilfreiche bundesweite Anlaufstelle, den DGBS e.V.