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Jürgen’s Technikprojekt: nachhaltiger Tandembau

Die Mission eines upgecycelten Tandems beginnt. // Tag 1

Arbeitsbeginn 9:00 Uhr bei Sebastian Lindler in Dörrenbach in der Pfalz, nahe der französischen Grenze und genauer dem Elsaß. Die Idee ist, ein ganz eigenes Tandem zu bauen. Dabei jedoch überwiegend gebrauchte Teile zu verwenden, um dem Nachhaltigsgedanken Genüge zu tun und die alten Materialien wertzuschätzen, nicht ohne diese, wenn nötig und sinnvoll, doch mit neuen Teilen aufzubessern.

Wir suchen gemeinsam zwei gebrauchte Stahlrahmen für das Tandem aus. Zwei Scottrahmen sollten uns nun zum Bau des Tandems dienen. Das hat man nun von den Wiederverwendungsgedanken: Arbeit, Arbeit Arbeit! Schleifen bis zum Abwinken, ohrenbetäubender Krach und Staub aus Grundierung und Lack. Dort, wo später Verbindungen gelötet werden müssen, muss halt der Lack ab und der blanke Stahl soll sich zeigen. Einige Bügel und Gegenhalter für Bremszüge und Schaltzüge müssen ebenfalls der neuen Konstruktion weichen. Erst nach stundenlangem Schrubben mit der Flex, Schleifen mit dem Fingerschleifer und Feilen mit Handfeilen können die Rahmenteile auf die Tischlehre.

Jetzt ein paar Gedanken noch zur Verbindungsstrategie, Zusammensuchen von passenden Rahmenrohren, und schon ist der erste wirklich produktive Tag um. Nie gedacht dass wir heute so weit kommen, aber zwischendurch hab ich schon mal überlegt „hätteste bloß neues Gedöns genommen“ statt dem gebrauchten Material. Das bring ich aber nicht übers Herz. Gerettet ist gerettet und vermittelt mir ein ach so gutes zufriedenes Gefühl. Morgen geht es mit den Rahmenstreben weiter, es wird der Exzenter vorne angeheftet, die Streben werden gebogen und die Ausfallenden angeheftet.


Konzentration und Geduld ist gefragt. // Tag 2

9:00 Uhr pünktlich wie immer zum 2. Arbeitstag und Weiterentwicklung des Tandems.
Es war ein sehr ernsthafter Tag, da viele formschlüssige Verbindungen hergestellt werden mussten. Dies erforderte allerhöchste Konzentration da wir nur diese beiden alten Rahmen zur Verfügung hatten. Demnach löst ein falsch angesetzter Schnitt mit der Flex, eine Verzögerung aus. Also „Augen auf im Strassenverkehr“ und die Ohren gespitzt.

Zunächst machte ich mich mit der Arbeit an das Vordere Tretlager. Das alte musste so knapp wie möglich herausgetrennt werden, um den Exzenter einbauen zu können. Schweißtreibende Angelegenheit sag ich da nur… Danach waren die beiden Rahmen auf der Rahmenlehre nochmals auszurichten und das Unterrohr wurde eingezogen. Flex, Schleifflex, Feile und Fingerschleifer kamen zum Einsatz. Dazu kam der ständige Arbeitsplatzwechsel. Eine Joggingrunde am Abend blieb mir von daher erspart.

Cheffe Lindler kümmerte sich in dieser Zeit um die neuen Rohloff Ausfallenden, die später auch als Kettenspanner genutzt werden. Disc-Aufnahme integriert. Meine Aufgabe in der Zwischenzeit war eine Diagonalstrebe vom hinteren Tretlager auf das vordere obere Sattelrohr einzupassen. Arbeitsweise wie oben beim Unterrohr und dem Exzentertretlager.

Leider konnten wir heute nicht bis zum Schluss unsere Bilddokumentation durchführen und auch der Spaßfaktor blieb etwas auf der Strecke – aber so ist es nun mal bei so angespannter Arbeit.


Gestern geflext, heute gelötet. // Tag 3

Und erneut starten wir gegen 9:00 Uhr wie jeden Tag; aber schon mit schwindenden Kräften, zumal die Werkstatt ziemlich kalt ist und nicht gut für die alternden Knochen. Wir haben uns noch ein paar Sack richtig trockenes Holz besorgt, um mal durchzuheizen.

Heute beginne ich mit dem einpassen der Rahmenstreben die vom vorderen Unterrohr über vorderes Sattelrohr hinteres Sattelrohr zum Ausfallende reicht. Idee ist die Seitensteifigkeit zu erhöhen.
Angelehnt ist die Idee an das MTB Corratec Bow und dem alten Mixterahmen von Peugeot, Motobecane und v.a. Aus eigenen Erfahrungen und Gefühl lassen diese Räder sich mit direkter Kraftübertragung treten. Dann bestellen wir Gepäckträger, Lowrider Gabel und Ausfallenden für die Gabel, die Steckerlos und das Label vom Nabendynamo in die Gabel verlegt wird.

Dann geht es weiter mit den Streben die richtig Geduld, Kraft und Ausdauer beim Einpassen erfordern. Gegen Feierabend merke ich das auch und bin froh wenn der Meister mit dem Löten ran muss. Alle Verbindungen über die Streben werden grob verlötet plus die Ausfallenden. Ach ja vorher müssen die beiden Sattelstreben erhitzt werden und nachgebogen. Dann suchen wir für morgen noch versch. Anlötteile, die der Verlegung der Bremsleitungen und Schaltzügen dienen. Das Löten übernehme ich dann mal und trainiere hier für den Ernstfall bis zum Einlöten von Tretlagern etc.

Es ist absolut interessant wieviel Kleinarbeit und Arbeitsschritte notwendig sind, bis das Rad oder nur der Rahmen fertig ist. Somit muss ich wieder Respekt vor solcher Arbeit und Menschen haben, die so ein tolles Produkt täglich für den Kunden herstellen. Und wodurch ich persönlich um so mehr achtsam mit den Produkten umgehe. Freue mich auf den vierten Tag.


So ein Upcyclingprojekt schult den Umgang mit Mensch, Material und Energie. // Tag 4

Arbeitsbeginn: es wird jeden Tag ein paar Minuten später. Die Kräfte schwinden. Jetzt sind die Kleinigkeiten noch zu erledigen, die aber eine Menge Zeit fressen. Da sind Löcher für die Flaschenhalterösen zu bohren, vor allem wo und wie viel werden benötigt? Schalt und Bremszugaufnahmen müssen angelötet werden, Gepäckträgeraufnahmen anlöten, einpassen von kleinen Stegen zwischen den gebogenen Oberrohrstreben. Und nun muss alles wie Exzenter- und hinteres Tretlagergehäuse verlötet werden. Hinterbau Ausfallenden löten, usw.

Nach dem gemeinsamen Feierabend wird Cheffe Lindler nach seiner Singstunde noch mal an den Lötstellen arbeiten, so dass das Teil ins Laugenbad kann und wir heute alle Lötstellen verschleifen. Die bestellte Gabel wird nachgearbeitet, da wir den Steuerkopfwinkel verändert haben und die Standardgabel nicht passen kann. Wir hoffen heute auf die Gabelenden von SON, diese dienen als Ersatz für die vorhandenen und werden eingepasst. Somit fällt der Kabelstecker für Licht Kabel weg. Das Kabel verläuft in der Gabel.

Wasserablauflöcher werden gebohrt, Sattelrohre müssen innen nachgeschnitten werden, Tretlagergewinde nachgeschnitten werden. Also eine Menge Arbeit heute noch. Und zudem brauchen wir eine Mitfahrkonstruktionkonstruktion für „Super-Falco“. Sind alle Arbeiten heute erledigt, kommt der Rahmen am kommenden Montag zum Sandstrahlen damit die letzten Lackreste auch noch verschwinden und der schöne blanke Stahl zu sehen ist.

So werde ich erst mal die Komponenten nach und nach anschrauben. Aus finanziellen Gründen muss ich erst mal einiges improvisieren und den Rahmen zu kleineren Testfahrten im geölten Zustand fahren. So können wir hier und da noch arbeiten und beispielsweise vielleicht noch Halter anlöten usw.

Jaaaa, Spass hat die Arbeit gemacht! Es war eine Menge zu erledigen und dabei haben wir ganz schön gekämpft, um in der Zeit zu bleiben. Aus gesundheitlichen und Zeitgründen habe ich auf das Löten verzichtet. Einige Vorstellungen, die die Konstruktion betreffen, habe ich aus Zeitgründen streichen müssen.

Schade die Bauprojekt-Phase ist nun zu Ende. Es ist hochinteressant und schult den Umgang und die Denke über Mensch, Material und Energie.

Kann ich nur weiterempfehlen 🙂


Technik-Update Tandembau: endlich sandgestrahlt (-:

Nach langem Warten ist der Tandemrahmen endlich wieder in meinen Händen.
Das Sandstrahlen hat doch etwas mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet.
Erstaunt, oder besser gesagt sehr überrascht war ich über die doch sehr gut verarbeiteten Lötstellen, die zu Anfang und mit dem Flussmittel überzogen, für mich einen recht bedenklichen Eindruck bezüglich der Stabilität und Aussehen darstellten.

Hier und da werde ich die Lötstellen mit der Feile noch weiter verfeinern. Der Rahmen ist durch das Sandstrahlen, ziemlich rauh geworden und muss nach weiteren Bohrungen von Ablauflöchern, erst mal wieder geschliffen werden. Evtl. eindringendes Wasser oder Kondenswasser in den Rahmenrohren kann durch die Löcher abfließen. Da ich immer noch an meiner Einstellung festhalte, das Tandem aus überwiegend gebrauchten Teilen zusammezustellen, ist nun vorab die Suche nach gebrauchten Teilen im eigenen Lager, bei Flohmärkten oder Onlineanbietern angesagt.

Fahrrad-Gebrauchtteilen neues Leben einhauchen

So, soll zunächst meine alte Shimano LX- V- Brake mit verstärkter paralleler Bremsschuhführung für genügend Bremskraft sorgen. Eine mechanische oder hydraulische Scheibenbremse als Schleppbremse wird zusätzlich eingebaut um bei Bergabfahrten Sicherheit zu haben.

Ich finde sie nicht nur scharf aussehend, sondern nach einer gewissen Einfahrstrecke (ein, zwei Kilometer ;-)) sau bequem. Die Echtleder Sättel von Brooks Modell damals Contess und Conquest, was den heutigen Flyer oder Flyer Special darstellt. Ein Aha Erlebnis auf den ersten paar Metern. Nach dem Motto, „steh ich noch oder sitz ich schon“. Mal ausprobieren tut gut. Ich kauf sie gerne gebraucht. „Soll sich doch der Vorbesitzer den……“

Die beiden Patentstützen waren nicht einfach zu finden, hab diese aber doch noch im Lager gefunden. Ob dass mit dem Lenker alles so bleibt, weiß ich noch nicht genau, eher dann, wenn es mal ans „Treten“ geht bzw. die optimale Sitzposition gefunden werden muss. Dass muss stimmen, sonst schweigen sich die Beine bei den Bergetappen womöglich noch aus :-)) Und da wäre eine Wiederholung oder Revanche im Allgäu aus Etappe 3 nicht möglich oder ein klägliches Desaster :-)) Määäähhh!!!

Um beim Ein- und Ausbau des Vorderrades nicht immer mit dem kleinen Stecker vom Anschluss des Nabendynamos zu hantieren, habe ich in das Gabelende eine Kontaktplatte montiert und das Kabel in die Gabel bis zur Gabelbrücke verlegt.

Edelstahllowrider von Tubus zieren die für Tandems ausgelegte Starrgabel. Der hintere Gepäckträger auch Edelstahl von der Firma Tubus ist im Moment etwas störend beim Einbau der hinteren Schleppbremse, da der Bremskolben zu breit ist oder ganz einfach gesagt der Gepäckträger direkt vor dem Bremskolben der Scheibenbremse sitzt. Hier muss ich noch mal ran.

Erfolgsgefühle bei Probefahrt 🙂

Die erste Probefahrt nach dem ich Laufräder, Steuerung und Bremsen montiert hatte, ließ nicht lange auf sich warten. Ein vor der Haustür liegender Abhang war hierfür wie geschaffen. Ich schob den Boliden ziemlich weit nach oben, ließ mich auf dem geschmeidigen Brooks nieder, nahm die Füße hoch auf den Rahmen und schoß schon mit einigen km/h den Berg hinunter. Messerscharf dachte ich als ich unten ankam und wiederholte den Vorgang ein paar mal.

Der Bolide liegt wie ein Brett auf der Strasse. Es ließ mir keine Ruhe die nächste Bewährungsprobe zu organisieren, in dem sich meine Lebensgefährtin auf den Gepäckträger schwang und wir gemeinsam den Hang hinunter schossen.
Nach mehrmaligem Fahren und einer gewissen Sicherheit wackelte ich mal richtig am Lenker. Messerscharf, das Teil wackelt mal kurz und kriegt sich sofort wieder ein. Das sind schon „Genauere Ansagen“ und es vermittelt mir ein gutes Gefühl die nächsten Schritte einzuleiten, Geld zu investieren um die Tretkurbeln zu bestellen, so dass der nächste Bericht, ein Fahrbericht sein wird.

Bis dahin eine gute Zeit Allen.

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