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Naturbild mit Steinformation

EX-IN: Voraussetzung für den Beruf? – Psychiatrieerfahrung!

„Wenn du etwas wissen möchtest, frage keinen Gelehrten, sondern einen Erfahrenen.“ Das alte chinesische Sprichwort lässt sich sicherlich kritisch diskutieren und ist je nach Situation mehr oder weniger zutreffend. Bei einem Loch im Zahn habe ich noch immer einen Zahnarzt aufgesucht. Bei meiner Depression war ich auch bei Ärzten und stellte jedoch fest, dass diese mir nur begrenzt helfen und sich teilweise nicht vorstellen konnten, wie viel Schwierigkeiten ich im Alltag hatte. Ich hätte mir jemanden gewünscht, den ich öfter als alle drei Wochen sehen könnte, dem ich alles erzählen kann aber nicht alles erklären muss, weil er das alles schon kennt. Der einfach darum weiß, dass der Anruf, der mir bevorsteht, mich vor schier unüberwindbare Schwierigkeiten stellt. Und der so reagiert, als wüsste er, wie normal das ist. Nun weiß ich, dass es diese Menschen gibt und ich habe diese Ausbildung selbst gemacht.

Was bedeutet EX-IN-Genesungsbegleitung?

EX-IN-Genesungsbegleiter*innen (Experienced Involvement – Einbringen von Erfahrungswissen) arbeiten in sozial-psychiatrischen Einrichtungen wie Tagesstätten, Betreutem Wohnen, Kliniken und bringen ihre reflektierte Erfahrung, nämlich selbst eine psychische Erkrankung erlebt zu haben, mit. Die Patienten nehmen dieses Angebot dankbar an, da sie sich ihnen gegenüber nicht groß erklären müssen. Jemand, der selbst Depressionen erlebt hat, stellt nicht infrage, dass jemand zu wenig Energie für einen Einkauf hat. Sondern erinnert sich stattdessen, was ihm in dieser Situation geholfen hat und wie er denjenigen jetzt am besten unterstützen kann. Nämlich so, wie er gern selbst unterstützt worden wäre.

Das Versorgungssystem profitiert davon. EX-IN trägt mit dazu bei, dass Menschen, die durch ihre schwere oder langwierige Erfahrung mit ihrer Erkrankung aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, durch sinnstiftende und bezahlte Arbeit ins Erwerbsleben (zurück-)finden. In einem Zertifikatskurs, der aus 12 Modulen à 22 Stunden besteht, lernen die angehenden Genesungsbegleiter ihre Erfahrung anhand von Themen wie Empowerment und Recovery miteinander zu reflektieren, sowie Handwerkszeug wie Recovery-Pläne, Gesprächsführung u.a.

 

Der Text stammt von Steffi. Sie ist bereits seit Beginn der MUT-TOUR dabei und heute immer noch als Teilnehmerin aktiv. Darüber hinaus ist sie seit 2017 freie Mitarbeiterin der MUT-TOUR und begleitet uns beratend. Die EX-IN-zertifizierte Genesungsbegleiterin aus Darmstadt unterstützt die Projektleitung im Rahmen des Kriseninterventionsteams genauso wie als aktive “Brieferin” (Ergespräch mit Neuinteressierten).

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